Autor:in: Arnd Kolb

Datum: 25 August, 2023

Kategorie: Neuigkeiten


Klarinettistin, Komponistin, Festivalleiterin und Dozentin: Zu vielfältig, zu interessant ist das Leben der Künstlerin, als dass es möglich wäre, es in ein Sendeformat zu pressen. Wer sich dennoch darauf einlässt, dem öffnen sich völlig neue Klangwelten. Genau das passierte unserer Podcasterin Tuba Tunçak in unserer neuen Folge. Über eine besondere Musikerin, die sich nicht festlegen lässt.

Improvisierte Musik ist eine musikalische Praxis, bei der die Künstler:innen in Echtzeit und ohne vorher festgelegte Noten oder Strukturen spielen. Diese Art von Musik betont die spontane Kreativität der Musiker:innen und ihre Fähigkeit, aufeinander zu reagieren, um neue Klänge und Melodien zu erschaffen. Improvisierte Musik kann in verschiedenen Genres und Stilen auftreten, einschließlich Jazz, experimenteller Musik, Weltmusik und mehr. Improvisation ist etwas für Freigeister und deswegen genau Annette Mayes Ding.

„Was mir Spaß macht, ist frei über die musikalischen Themen zu improvisieren. Manchmal auch ganz freie Improvisation ohne irgendwelche Vorgaben. Selbstverständlich kann ich auch nach Noten spielen, aber das ist nicht so ganz mein Zirkus. Ich mag gerne im Hier und Jetzt gestalten und machen.“

  Annette Maye

                

Welche Art von Musik sie improvisiert? Da ist sie nicht festgelegt. Von Jazz über Alte Musik, türkische Weisen, Balkanklänge bis hin zu elektronischer Musik gibt es eine breite Palette von Ausdrucksformen, die Annette Maye begeistern. Wenn es überhaupt ein Genre gibt, das man hervorheben könnte, dann ist es ihre Leidenschaft für Klezmer, der aus dem Judentum abstammende Musiktradition, in der Improvisation ein besonderes Stilmittel ist.

„Ich habe gemerkt, in dieser jüdischen Tanzmusik finde ich mich wieder, da kann ich mich auch super ausdrücken. Die Melodien sind sehr eingängig. Und der Einstieg ins Improvisieren ist nicht so schwer.“ Annette Maye

Eine wichtige Komponente der improvisierten Musik ist die Interaktion zwischen den Künstler:innen. Sie hören aufeinander und reagieren in Echtzeit, was zu einer einzigartigen und dynamischen Klanglandschaft führt. Dafür braucht es nicht nur professionelle Musikschaffende, sondern vor allem Menschen, die auf gleicher Wellenlänge sind. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum das Ensemble FisFüz, das Annette Maye und dem Freiburger Perkussionisten Murat Coşkun 1995 gegründeten, bis heute so erfolgreich Weltmusik performt

„Ich denke, wir beide haben ein ähnliches Ziel und musikalisch ähnliche Gedanken. Wir arbeiten beide gerne an den Details. Wir sind beide darauf aus, dass es ein gewisses musikalisches Niveau und Anspruch hat. Wir sind ehrgeizig. Für uns beide war FisFüz unser erstes Projekt. Das ist etwas, was verbindet und noch eine andere Energie freisetzt.“

Murat Coşkun, Ensemble FisFüz

Die Inspiration für ihre Art von Musik holt sich Annette Maye durch ihre Weltoffenheit. Ihre vielen Reisen, Erlebnissen mit andern Kulturen und Menschen und anderen Kunstschaffenden haben sie sehr geprägt und ihre Klangfarben äußerst bunt gestaltet. Das färbt auf ihre unzähligen Projekte ab, in denen sie ihren Erfahrungsschatz einfließen ließ und lässt, wie etwa auf das Duo Doyna, in dem sie mit ihrem Kollegen, E-Gitarristen Martin Schulte zusammen Modern Klezmer mit Jazz fusioniert. Das Duo übernimmt auch den musikalischen Part des wissenschaftlichen Familienkonzerts „Physik der Musik“. Hier zeigt sich, dass ihr nicht nur das Musikmachen am Herzen liegt. Auch die Kultur- und Wissensvermittlung ist ihr wichtig, insbesondere in ihrer Rolle als Lehrbeauftragte für Klezmer und Weltmusik an der Hochschule für Musik und Tanz Köln am Standort Wuppertal.

„Ich finde es schön, die Studierenden an die Kunst des Improvisierens heranzuführen. Dieses gemeinsame improvisierte Zusammenspielen, dieses Kommunizieren über die Musik ist total wichtig und macht unglaublich Spaß. Und das ist das Schöne, wenn ich den Schülern etwas geben kann, nämlich sich selbst, etwas, dass aus Ihnen kommt.“ Annette Maye

Und ob das Ganze noch nicht reichen würde, ist Annette Maye noch als Leiterin des Jazz- und Weltmusikfestivals Multiphonics unterwegs. Das Festival, das es mittlerweile schon seit 10 Jahren gibt, hat sich der musikalischen Klangwelt der Klarinetten- und Holzblasinstrumente verschrieben. In der diesjährigen Ausgabe findet es vom 26. September bis 1. Oktober 2023 mit 22 Veranstaltungen in Stadtgarten und Gloria in Köln, im Skulpturenpark und der Immanuelskirche in Wuppertal, sowie der Jazzschmiede in Düsseldorf statt.

Annette Maye hat eine spannende und interessante musikalische Reise hinter sich. Vielfalt, das Einlassen auf Neues, Improvisationskunst und Professionalität sind Motor ihres Lebens. Dabei fällt auf, dass es selten nur darauf ankommt, was man tut, sondern auch, wie man es umsetzt.

„Neugierig sein, Sachen erst einmal ausprobieren. Und man macht dann eine Zeitlang das und merkt dann, das ist doch nicht, was ich eigentlich hauptsächlich machen will. Aber ich glaube ausprobieren und möglichst vorurteilsfrei, immer an sich glauben. Und wenn man es beruflich machen will, dann muss man es auch wirklich wollen.“

Annette Maye

Weitere Informationen zu den Projekten von Annette Maye, FisFüz und dem Duo Doyna und anderen unter:

https://annettemaye.wordpress.com/projects/

www.fisfuez.de

Detaillierte Informationen zum Festivalprogramm Multiphonics, Ticketshop und Anmeldung zu den Workshops unter:

www.multiphonics-festival.com