Datum: 4 November, 2022

Kategorie: Neuigkeiten


Musik ist Kultur. Doch für manche ist sie mehr als das. In der Sinti-Kultur ist die Musik -und insbesondere der Sinti-Jazz- ein wichtiger Bestandteil ihrer Lebensweise. Der Landesmusikrat NRW unterstützt in der Düsseldorfer Sinti-Siedlung das Vorhaben, dieses kulturelle Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Unsere Podcasterin Tuba Tunçak hat dort u.a. den namhaften Django-Gitarrenbauer Rudi Mettbach getroffen.

Hier geht es zu unserer neuen musikalischen Podcast-Folge:


Die Sinti-Siedlung in Düsseldorf-Eller: Schlichte Einfamilienhäuser reihen sich an der einzigen Straße, die einmal queer durch das Areal verläuft. Das größte Gebäude ist das Sinti-Zentrum, von den Anwohnern liebevoll auf den Romanes-Namen „Maro Tikno Tem“ (Unser kleines Land) getauft. Es fungiert als eine Art Bürger- und Kulturzentrum, in dem Kinder-, Jugend- und speziell Kulturarbeit im Vordergrund steht. Dana Kreuz ist zuständig für die Kinderangebote in der Siedlung und betont, wie wichtig der Erhalt dieses Gebäudes für ihre soziokulturelle Arbeit und die Unterstützung der gemeinnützigen Organisation Reinflanke ist.

Kultur bei den Sinti ist nicht nur die eigene Sprache Romanes oder das vielfältige Brauchtum. Kultur ist bei den Sinti vor allem die Musik, als unverzichtbares Element der kulturellen Identität und des gelebten Zusammenhaltes, die oft zu Hause von klein auf erlebt und erlernt wird.

„Musik ist sehr wichtig. Es gibt kein Land, wo es keine Musik gibt. Es ist die einzige Sprache, die jeder Mensch versteht.“ Rudi Mettbach, Musiker und Gitarrenbauer.

Innerhalb der Sinti-Musik spielt der Jazz eine besondere Rolle. Jazz als einer der variantenreichsten Stilarten der Musikgeschichte wurde in den Vereinigten Staaten geboren und weiterentwickelt– mit einer Ausnahme: Kein Geringerer als der legendäre Gitarrenvirtuose und Sinti Django Reinhardt revolutionierte das Genre um eine spezielle europäische Variante. Der Sinti-Jazz war geboren. Seither ein unverzichtbarer und mit großer Leidenschaft praktiziert Bestandteil der Sinti-Community-Kultur.

Markenzeichen Reinhardts war seine Gitarre, die er mit faszinierender Leichtigkeit beherrschte. Einer seiner Nachkommen, Rudi Mettbach, der auf ein langes Leben als international erfolgreicher Musiker zurückblicken kann, erklärt, auf was es bei einer Django-Gitarre, im Vergleich zu einer herkömmlichen, ankommt.

„Eine Django-Gitarre muss direkt anspringen. Wenn man eine Seite berührt, muss der Ton sofort da sein. Wenn man die Seite loslässt, muss der Ton sofort weg sein. Sie darf nicht nachklingen oder nachhallen.“

Rudi Mettbach, Musiker und Gitarrenbauer

Rudi Mettbach, der in der Sinti-Siedlung lebt und arbeitet, weiß, wovon er redet. Er spielt die Django-Gitarre nicht nur, er baut sie seit Jahrzehnten. Das Handwerk hat er von seinen Onkeln gelernt. Nun versucht er dieses Handwerk an eine neue Generation zu vermitteln.

Das Herstellen von Gitarren ist ein Teil der Idee, das kulturelle, musikalische Erbe der Sinti-Kultur an die nächste Generation weiterzugeben. Ein anderer Bestandteil ist das Einüben des Gitarrenspiels. Der Landesmusikrat NRW engagiert sich, dieses Vorhaben zu unterstützen. Die Kinder erlernen so spielerisch, was ihre Kultur ausmacht. Mit Erfolg, wie Traubeli Reinhardt, Gitarrist und Gitarrenlehrer, berichteten kann.

​„Das Interesse der Kinder ist sehr groß. […] Sie lernen die Umsetzung verstehen. Dass man regelmäßig üben muss, um besser zu werden. Und dass sie ein besonderes Gefühl für diese Musik bekommen.“ Traubeli Reinhardt, Gitarrist und Gitarrenlehrer.

Die Musik ist aber auch darüber hinaus ein Katalysator für andere Prozesse, die weit über die Sinti-Siedlung in Düsseldorf Eller hinausragen. Manchmal kommen Musiker:innen aus anderen Musiktraditionen wie die Langenfelder Band 5000 Miles in die Siedlung, die letzten Sommer das Kulturzentrum besucht und  alle auf eine musikalische Reise in den Nahmen und Mittleren Osten mitgenommen hat. Musiker und Gitarrenbauer Rudi Mettbach ist der Meinung, dass solche musikalischen Begegnungen besonders wichtig sind:

„Durch Musik kommt man ja an viele Menschen ran. Und so können wir viele Vorurteile abbauen.“

               Rudi Mettbach, Musiker und Gitarrenbauer