Autor:in: Arnd Kolb

Datum: 31 Oktober, 2024

Kategorie: Neuigkeiten


Am 27. und 28. September 2024 verwandelte sich das domicil Dortmund in ein Zentrum musikalischer Diversität: Der Wettbewerb „Creole NRW“ brachte Musiker:innen aus verschiedenen Kulturkreisen zusammen und verlieh innovativen Bands und Ensembles eine außergewöhnliche Plattform. Die Gewinner der diesjährigen Ausgabe, FL!M und Sêreng & Yalda Abbasî, beeindruckten Publikum und Jury gleichermaßen. In unserer neuen Podcastfolge präsentiert Tuba Tunçak eine Zusammenfassung des diesjährigen Wettbewerbs Creole NRW 2024:

Was zeichnet kreolische Musik aus?

Der Begriff „Kreolisch“ beschreibt in der Musik das kreative Miteinander verschiedener kultureller Einflüsse und das Verschmelzen von Musiktraditionen. Kreolische Musik entsteht häufig in kulturellen Begegnungszonen und bringt Elemente der ursprünglichen Traditionen in neue, einzigartige Formationen. Sie greift auf lokale Instrumente, Rhythmen und Melodien zurück, die in Kombination mit anderen Einflüssen zu einem neuen Klangbild verschmelzen. Diese Musikform lebt von Innovation und Experimentierfreude.

Der Wettbewerb „Creole NRW“

„Creole NRW“ ist der Wettbewerb für globale Musik aus Nordrhein-Westfalen. Seit 2006 fördert der Landesmusikrat dadurch lokale, kulturelle Vielfalt in Kombination mit globalen Musikströmungen. Ziel ist es, Musiker:innen aus NRW eine Plattform zu bieten, die sprichwörtliche Grenzen überschreiten und so das Publikum mit neuen Klangerlebnissen begeistern. Der Landesmusikrat unterstützt damit nicht nur kulturelle Diversität und die örtliche Musikszene, sondern auch das Verständnis für verschiedene Musikkulturen.

Nach einer pandemiebedingten fünfjährigen Pause erfolgte am 27. und 28. September 2024 im domicil Dortmund eine Neuauflage des Contests. Dass „Creole NRW“ mehr als ein Wettbewerb ist, verdeutlichte alleine schon die musikalische Bandbreite der zehn teilnehmenden Gruppen. Sie präsentierten ein Spektrum, das neben Afrobeat, Klezmer, Gipsy Musik oder Tango noch viele weitere Stile abdeckte. Ein Reichtum, der „Creole NRW“ in den Augen der beiden Kuratoren des musikalischen Wettstreits, Kazım Çalışgan und Andreas Heuser einzigartig macht. Das alleine ist aber nicht nur das einzige Alleinstellungsmerkmal der Veranstaltung:

                  „Creole schließt eine Lücke in der Wettbewerbslandschaft, da wir auch die Bands ansprechen, die stilistisch in keine Lücke passen. Globale Musik, wie wir sie im Sinne von „Creole NRW“ verstehen, als Verbindung unterschiedlicher Einflüsse, durch die etwas Neues entsteht, dafür gibt es in NRW keinen anderen Wettbewerb.“

                  Andreas Heuser, Kurator Creole NRW

                  „Bei Creole sind ständige Überraschungen schon vorprogrammiert, weil hier immer etwas zu entdecken ist. Es geht nicht nur um das Bestehende oder Traditionelle, sondern um die Kombination mit anderen musikalischen Elementen. Creole ist nicht nur ein Wettbewerb, sondern eine Plattform für die globale Musikszene in NRW, in einer angenehmen und professionellen Umgebung zu schauen, was die anderen machen.

                  Kazım Çalışgan, Kurator Creole NRW

Der Auswahlprozess der Sieger

Die Jury, die sich aus den renommierten Musikexpert:innen, Künstler:innen und Kulturschaffenden Hedwig Otten, Ornella Mikwasa, Jarry Singla, Kazım Çalışgan und Syavash Rastani zusammensetzte, hatte es aufgrund der herausragenden Qualität und Originalität der Performances nicht leicht, einen Sieger zu küren. Dass die Entscheidung letztlich auf die beiden Gewinner „Sêreng & Yalda Abbasî“ und „Fl!M“ fiel, hing auch damit zusammen, dass sie mit ihren Leistungen unter den teilnehmenden Bands besonders hervorstachen.

                  „Die beiden Gewinnerensembles haben es vor allem verstanden, eine sinnige, musikalische Begegnung unterschiedlicher Musikkulturen oder Genres herzustellen, indem sie Instrumente aus unterschiedlichen Musikkulturen oder Genres miteinander in Verbindung gebracht haben.“

                  Syavash Rastani, Jury-Mitglied „Creole NRW”

Die Gewinnerbands im Portrait

Trio Sêreng & Yalda Abbasî

Das Trios Sêreng wurde das Trio 2018 von Nure Dlovanî (Violine), Beate Wolff (Violoncello) und Laia Genç (Piano). Der Name „Sêreng“ bedeutet auf Kurdisch „drei Farben“ und hat für die Künstlerinnen eine besondere Bedeutung:

                  ,,Wir drei präsentieren unsere orientalische, vor allem kurdische Musik. Daneben haben wir persische und armenische Einflüsse. Beate und Laia sind studierte Jazz- und Klassik-Musikerinnen, die auch orientalische Musik spielen. Und jeder ist von uns ein Individuum. Und deswegen verbinden wir uns und unsere musikalischen Richtungen wie drei Farben.“

Nure Dlovanî, Trio Sêreng

Seit 2023 ergänzt die kurdische Sängerin und Dotar-Spielerin Yalda Abbasî das Ensemble. Mit Wurzeln im Iran, Armenien, der Türkei und Deutschland verschmelzen die vier Musikerinnen ihre Einflüsse und vereinen kurdische Melodien und Texte mit westlicher Klassik und Jazz. So singt und komponiert Yalda Abbasî auf Kurdisch und Persisch und bringt vergessene Melodien aus Khorassan, ihrer nordost-iranischen Heimat, zum Klingen.

Die Musik von Trio Sêreng & Yalda Abbasî  ist nicht nur eine Liebeserklärung an ihre verschiedenen kulturellen Wurzeln, sondern darüber hinaus als politisches Statement zu sehen:

                  „Die Botschaft ist, unsere Musik zu zeigen, kurdische Musik zu zeigen. Und die Tatsache, dass vier Frauen auf der Bühne stehen, ist angesichtes der Vorgänge im Iran auch eine Botschaft: Auch wir Frauen können unsere Stärke auf der Bühne in der Musik zeigen.“

                  Nure Dlovanî, Trio Sêreng

Weitere Einblicke in ihre Musik und Projekte sind auf Instagram zu finden: @triosereng und @yaldaabbasii.

FL!M

Die Band FL!M kreiert eine musikalische Mischung aus postmodernem Jazz und Folk und steht für ein einzigartiges Klangspektrum, das in der Besetzung Nihat Iman (Baglama), Luna Weise (E-Bass), Till Menzer (Schlagzeug), Zainab Lax (Harfe) und Tim von Malotki (Saxophon) alte Traditionen mit modernen Elementen vereint.

                  „Es ist ein sehr natürlicher Zugang zur Musik, weil wir alle die Freiheit haben, reinzubringen, was wir selber als schön empfinden. […] Und das trifft dann zusammen, zusammen mit der eigenen Geschichte. Wir sind ein ziemlich offenes Ensemble, offen, persönlich, sehr herzlich. Es ist uns sehr wichtig, uns sozusagen musikalisch zu umarmen.“

                  Tim von Malotki, FL!M

FL!M greift auf das reiche Repertoire der Baglama und anderer klassischer Instrumente zurück und integriert sie in zeitgenössische Kompositionen. Die Band schafft damit eine moderne, fluide und wandelbare Klanglandschaft, die in ihren dynamischen Improvisationen auf Konzerten immer wieder neue Facetten zeigt.

                  „Alles verändert sich um uns herum, wir verändern uns. Es ist eher eine Momenterfassung. Und je nachdem, wo wir die Konzerte spielen, treibt es uns mehr nach vorne oder wir spielen mehr gediegener oder atmosphärischer. Es ist eine Division der gemeinsamen Sprachen.“

                  Tim von Malotki, FL!M

FL!M ist eine musikalische Einladung, aus den Gewohnheiten auszubrechen und neue Perspektiven zuzulassen. Weitere Informationen zur Band sind unter flim.band zu finden.